Aus LOKUS SOLUS von Raymond Roussel:
Mein Ur-Urgroßvater war brüderlich mit Danton aufgewachsen. Im Verlauf seiner glanzvollen politischen Karriere vergaß Danton niemals den Freund seiner Kindheit.
Als Danton zum Tode verurteilt wurde, konnte mein Ur-Urgroßvater zu ihm vordringen und seinen letzten Willen entgegen nehmen. Danton hatte gehört, dass seine Feinde entschlossen wären, seine Überreste in ein Massengrab zu werfen, ohne jeden Hinweis, an dem man sie jemals hätte wiedererkennen können.
Er flehte seinen treuen Gefährten an, das Unmögliche zu versuchen und sich wenigstens seinen Kopf anzueignen, wozu er Helfer gewinnen müsse.
Sanson, der Henker, ein fanatischer Bewunderer des großen Redners, beschloss, in diesem Fall gegen seine Vorschriften zu verstoßen und erteilte meinem Ur-Urgroßvater folgende Anweisung:
Im schicksalhaften Augenblick solle Danton den Henker bitten, dem Volk seinen Kopf zu zeigen.
Nach dem Fall des Messers würde Sanson der Aufforderung des Hingerichteten folgen, und den blutigen Kopf den gierigen Blicken des Volkes zeigen.
In dem Augenblick dann, indem er ihn wieder fallen ließ, würde er ihn in den zweiten Korb gleiten lassen, der immer in der Nähe des ersten stand und Tücher zur Reinigung des Messers, sowie Werkzeuge zum Schleifen der Schneide enthielt.
Wenige Tage später vollendete das Messer sein Werk.
Sanson führte seinen Plan aus und übergab den Kopf meinem Ur-Urgroßvater.
Nachdem dieser sich über die am häufigsten verwendete Methode des Einbalsamierens informiert hatte, unterwarf er den Kopf zahlreichen chemischen Bädern, die seine Konservierung sichern sollten.
Seit jener Zeit hatte sich die seltsame Reliquie durch fünf Generationen meiner Familie erhalten.
Als ich den tadellosen Zustand der Gehirnmaterie und der Nerven bemerkt hatte, war ich lange Zeit bemüht, durch Anwendung der Elektrizität irgendeine Reflexbewegung in dem Kopf zu erzeugen. Aber alle meine Versuche blieben erfolglos.
Ich versenkte das Haupt in den großen Diamanten, der aufgefüllt war mit dem Aqua-Micans.
Die Wirkung war weit größer als bei den vorhergehenden Versuchen.
Die Lippennerven schienen Worte zu bilden, während die Muskeln der Augen und der Augenbrauen sich zaghaft regten. Offensichtlich wirkte das Gehirn in einer Art Routine und nach sorgfältigen Untersuchungen stellte ich fest, dass die erstaunliche Beredsamkeit, die hervorragende Eigenschaft des ruhmreichen Redners, vorzugsweise auf die Lippen überging: die Lippen wiederholten die letzte Rede Dantons.
Als diese Entdeckung bekannt wurde, erhielt ich Briefe aufmerksam gewordener Familien, die den zärtlichen Wunsch hegten, einen der Ihren, der ihnen hoffnungslos entrissen war, nach dem unglückseligen Augenblick der Trennung, vor ihren Augen wieder aufleben zu sehen.