Der Schlaf der Bionikerin, 2005
Diorama, Mixed Media
Dieses Diorama zeigt eine schlafende Figur, deren Traum nicht von Monstern, sondern von der uralten Sehnsucht des Menschen nach dem Fliegen handelt. Als Leitmotiv dient die Libelle – eines der ältesten und zugleich elegantesten Insekten, das mit seinen perfekt konstruierten Flügeln bis heute Ingenieure und Naturforscher fasziniert.
Die Arbeit greift auf das Feld der Bionik zurück, eine Forschungsrichtung, die biologische Strukturen und Funktionsweisen in technische Anwendungen überträgt. Anders als eine reine Methode versteht sich Bionik vor allem als Denkweise: Durch genaue Beobachtung natürlicher Phänomene eröffnen sich neue Lösungen für technische Probleme. So sind etwa Fluggeräte, Tragwerke oder Materialstrukturen direkt von Tieren, Pflanzen und Mikroorganismen inspiriert.
Das Werk inszeniert diesen Prozess als Traum-Bild: Die schlafende „Bionikerin“ steht für den Moment der Vision, in dem Wissenschaft, Natur und Imagination verschmelzen. In den transluziden Schichten, den eingearbeiteten Flügeln und Glaskugeln entsteht ein poetisches Schaubild, das zeigt, wie sehr technischer Fortschritt auf der Imagination der Natur beruht.
Detail aus SCHLAF DER BIONIKERIN
SCHLAF DER BIONIKERIN, 2005/06, diverse Materialien, Glas sandgestrahlt, 60×140 cm
Detail aus SCHLAF DER BIONIKERIN
Für Siegfried, 1979/80
Diorama, diverse Materialien, ca. 70 × 70 cm
Das Diorama „Für Siegfried“ greift die Erzählungen des Nibelungenliedes auf, in denen der Held Siegfried den Drachen besiegt, im Blut des Untiers badet und dadurch Unverwundbarkeit erlangt – abgesehen von jener berühmten Stelle zwischen den Schulterblättern, die von einem Lindenblatt bedeckt blieb.
Die Komposition zeigt keine heroische Glorie, sondern eine mythologische Verdichtung: Fragmente von Knochen und Schädeln deuten auf den Drachen, auf Tod und Opfer hin. Gelbe und goldene Töne verweisen auf Feuer, Glut und Verwandlung – denn der Drachenkampf ist nicht nur ein Akt der Gewalt, sondern auch ein Initiationsritus, ein Übergang. Siegfried wird durch den Kampf nicht allein zum Sieger, sondern zum neuen Wesen, halb Mensch, halb mythisch.
Das Diorama wirkt wie ein eingefrorener Augenblick nach dem Kampf: die Gewalt ist verklungen, übrig bleibt ein Traumraum, in dem Natur, Tier, Mensch und mythisches Bild verschmelzen. Siegfried erscheint nicht als überhöhter Krieger, sondern als Teil eines Kreislaufs von Werden und Vergehen, in dem Heldentum stets auch Verletzlichkeit birgt.
So entfaltet das Werk einen Gegengesang zum Heroischen: Nicht das Pathos, sondern die Fragilität, nicht die Macht, sondern die Verwandlung wird sichtbar.
Skizzen zu FÜR SIEGFRIED, 1979, Pastell auf Packpapier, ca. 28×30 cm
FÜR SIEGFRIED, 1979/80, diverse Materialien, ca. 70×70 cm
„Für Jules Verne“ (1979/80) entfaltet eine andere Art von Mythos: den der Technik, der Zukunftsvisionen und der literarischen Imagination.
Während „Für Siegfried“ sich auf die germanische Heldensage bezieht, verneigt sich dieses Diorama vor einem Autor, der wie kaum ein anderer die Bilderwelten der Moderne geprägt hat. Jules Verne erfand mit seiner Literatur Maschinen, Reisen und Abenteuer, die noch heute als Vorwegnahmen wissenschaftlicher Errungenschaften gelten: U-Boote, Ballonfahrten, Expeditionen ins All.
Das Diorama zeigt diese Welt als eine technische Traumlandschaft: Röhren, Leitungen, Linsen, Glaskörper und metallische Apparaturen bilden ein Gewebe, das an Labor, Maschinenraum oder Unterwasserstation erinnert. Ein weißer, stromlinienförmiger Körper könnte an ein Schiff, ein U-Boot oder eine Rakete denken lassen – Symbole für den Aufbruch in unbekannte Räume. Die „Wälder“ aus scheibenartigen Elementen wirken wie fremde Pflanzen einer Unterwasserwelt oder einer anderen Galaxie.
Hier verbindet sich die Ästhetik der Collage mit einer poetischen Ingenieursphantasie: das Diorama wird selbst zur Maschine, zur Apparatur der Imagination.
So bildet „Für Jules Verne“ die mythische Ergänzung zum „Siegfried“-Diorama: Dort der Held im mythischen Drachenkampf, hier der Träumer der Moderne, der Held der Imagination, der den Weg in die Zukunft weist.
FÜR JULES VERNE, 1979/80, diverse Materialien, ca. 70×70 cm
Das Diorama „Für Perry Rhodan“ (1979/80) führt den mythischen Bogen von Siegfried (Heldensage) über Jules Verne (Visionär der Moderne) bis hin zur Science-Fiction der Populärkultur weiter.
Perry Rhodan, die wohl umfangreichste Science-Fiction-Serie der Welt, erschuf ab 1961 eine ganze kosmische Mythologie: intergalaktische Reisen, Begegnungen mit fremden Intelligenzen, die Vision einer geeinten Menschheit, die durch Technik und Mut ihren Platz zwischen den Sternen behauptet.
Im Diorama mischen sich Fragmente von Flügeln, futuristischen Flugkörpern, Figuren und bizarren Wesen zu einem kosmischen Chaos, das zugleich Faszination und Bedrohung ausstrahlt. Die Bildfläche wird von Explosionen aus Farbe, Struktur und Collageelementen durchzogen – als ob ein Universum im Entstehen oder im Zerfall eingefroren wäre.
Das Diorama verwandelt diese Erzählungen in eine apokalyptisch-fantastische Szenerie: Engel und Monster, Raumfahrt und Untergang, Utopie und Dystopie zugleich. „Für Perry Rhodan“ zeigt damit nicht nur eine Hommage an die populäre Science-Fiction, sondern auch eine Reflexion über den unstillbaren menschlichen Drang, neue Welten zu erschaffen – ob in Mythos, Literatur oder Technik.
Die drei Dioramen „Für Siegfried“, „Für Jules Verne“ und „Für Perry Rhodan“ bilden in ihrer Abfolge ein geschlossenes Ensemble, das sich wie ein Triptychon lesen lässt. Sie verbinden unterschiedliche Traditionslinien – den archaischen Mythos, die technischen Utopien des 19. Jahrhunderts und die populäre Science-Fiction der Nachkriegszeit – zu einer Reflexion über die Kontinuität menschlicher Mythenbildung.
FÜR PERRY RHODAN, 1979/80, diverse Materialien, ca. 70×70 cm
Das Diorama „Besucher“ (1978, ca. 23 × 23 cm) entfaltet in kleinem Format eine dichte Bildsprache. In einem kastenartigen Raum begegnen sich eine kleine, hybride Figur mit mehrfachen Augen und eine Apparatur, deren zentrales, übergroßes Auge den gesamten Raum überwacht. Im Hintergrund verstärken schemenhafte Figurenzeichnungen den Eindruck eines Labors oder Kontrollraums.
Das Werk steht in der Tradition der Assemblage und Objektkunst der 1960er/70er Jahre und verbindet Elemente des Surrealismus mit der Ikonografie der Science-Fiction. Themen wie Wahrnehmung, Kontrolle und das Verhältnis von Organik und Mechanik werden in einer bühnenhaften Inszenierung verdichtet.
Zugleich verweist das Diorama auf die gesellschaftlichen Debatten der späten 1970er Jahre: Überwachung, technische Aufrüstung und das Spannungsfeld zwischen Individuum und Macht. Innerhalb des Gesamtwerks markiert „Besucher“ ein frühes Schlüsselwerk, in dem zentrale Motive bereits sichtbar werden – das Auge als Symbol von Erkenntnis und Kontrolle, die Verschmelzung von Mensch und Maschine, sowie der Kasten als Projektionsraum von Mythen und Zukunftsbildern.
Besucher, 1978, ca.23 x 23 cm
Das Diorama „Kleine Schweinezucht“ (1980, 25 × 25 cm, diverse Materialien) zeigt in komprimierter Form eine surreale Versuchsanordnung. Ein kleines Schwein ist in ein Geflecht aus Zahnrädern, Drähten und technischen Elementen eingespannt, die es gleichsam fixieren und zugleich als Mechanismus erscheinen lassen. Der Rahmen aus Metallbauteilen verstärkt den Eindruck einer künstlich kontrollierten Umgebung, eines Labors oder einer Maschine.
Das Werk spielt ironisch wie kritisch mit der Idee von Züchtung, Optimierung und Technisierung des Lebendigen. Das Schwein – traditionell Symbol für Nahrung, Wohlstand und Opfergabe – wird hier in ein Räderwerk eingespannt, das an industrielle Landwirtschaft, genetische Manipulation oder biotechnische Experimente erinnert.
In der Ästhetik des Dioramas verbindet sich die kindlich anmutende Miniaturwelt mit einem beunruhigenden Unterton: Der Betrachter blickt in einen abgeschlossenen Kasten, in dem das Lebendige zur Mechanik reduziert wird. Damit greift das Werk Themen auf, die sich durch das gesamte Schaffen ziehen – die Spannung zwischen Natur und Maschine, zwischen Spiel und Bedrohung, zwischen mythischer Bedeutung und technischer Realität.
KLEINE SCHWEINEZUCHT,1980, diverse Materialien, 25×25 cm
Das Diorama „Großstadt“ (1978, ca. 70 × 70 cm, diverse Materialien) ist ein komplexes Szenario, das das urbane Leben in eine surreale Bildsprache übersetzt. In einem bühnenhaften Kasten entfaltet sich ein dichtes Geflecht aus Collage, Relief und plastischen Objekten: technische Apparaturen, Figurenfragmente, Landschaftselemente und Symbole überlagern sich wie in einer Traumsequenz.
Die Stadt erscheint hier nicht als Ort geordneter Architektur, sondern als hybrides Gefüge aus Mensch, Maschine und Mythos. Mechanische Körperteile, Masken und Projektionen mischen sich mit Landschaften, Baumfragmenten und symbolischen Gestalten. Die urbanen Räume wirken wie Kampfzonen – zwischen Kontrolle und Chaos, Zivilisation und Zerstörung, Technik und Natur.
„Großstadt“ ist zugleich Kritik und Spiegelung moderner Wirklichkeit: Das Diorama macht sichtbar, wie das urbane Leben von Überlagerungen geprägt ist – von Konsum, Technik, Erinnerung, Gewalt und Sehnsucht. In seiner ästhetischen Verdichtung wird es zum Modell einer Metropole als Seelenlandschaft, in der individuelle und kollektive Erfahrungen ineinanderfließen.
GROSSSTADT, 1978, diverse Materialien, ca. 70×70 cm
Das Diorama „Flügel-Fliegen“ (1985) gehört zum Projekt Kammerjäger und thematisiert die ambivalente Beziehung des Menschen zu den Insekten. Zwei großformatige Flügel erscheinen wie Präparate, deren filigrane Strukturen sowohl Bewunderung als auch wissenschaftliche Neugier hervorrufen. Am unteren Rand jedoch sitzen tote Fliegen auf einem Rad – ein makabres Detail, das die Zerbrechlichkeit des Lebens ebenso wie die gewaltsame Aneignung der Natur durch den Menschen betont. Zwischen Schönheit und Tod, technischer Inspiration und Vernichtung entsteht ein Spannungsfeld, das die ganze Ironie des Projekts sichtbar macht: der Mensch träumt vom Fliegen und zerstört zugleich die Wesen, die ihm dieses Vorbild liefern.
FLÜGEL-FLIEGEN,1985, Diorama, 40×26 cm
Die Dioramen „Flügelsammlung“ (2005) aus dem Projekt Kammerjäger präsentieren Insektenflügel in musealer Anordnung, die zugleich naturkundlich und künstlerisch wirkt. Die Flügel sind nach Buchstaben geordnet und erinnern an wissenschaftliche Taxonomien, doch ihre Ausführung überschreitet das rein Dokumentarische: neben echten Präparaten treten überzeichnete, verfremdete oder gar phantastische Varianten auf. Damit entsteht eine Spannung zwischen präziser Beobachtung und künstlerischer Erfindung.
Die Arbeit reflektiert den menschlichen Drang, Natur zu ordnen, zu sammeln und zu katalogisieren, und zeigt zugleich die Fragwürdigkeit dieses Anspruchs. Flügel, die eigentlich für Bewegung und Freiheit stehen, werden hier fixiert, klassifiziert und ästhetisch aufbereitet. So kippt die Sammlung ins Ambivalente: sie ist gleichermaßen ein Tribut an die Schönheit der Insekten wie ein Sinnbild für deren Unterwerfung durch menschliche Wissenssysteme.
FLÜGELSAMMLUNG, 2005, Diorama, ca. 90×70 cm
FLÜGELSAMMLUNG, 2005, Diorama, ca. 90×70 cm
DREI ZELLBIOLOGISCHE REPRODUKTIONS VERSUCHE : KLON VON ANDY WARHOL
Wachs-Embryonen in runden Feldern und sandgestrahlte Begriffe auf Glas verbinden sich zu einer Laborästhetik, die zugleich künstlerisches Denkbild ist. Warhol erscheint als hypothetischer „Klon“ – eine ironische Zuspitzung seiner Idee der seriellen Reproduktion. Das Werk fragt nach Identität, Einmaligkeit und der Macht wissenschaftlicher Bilder im Zeitalter biotechnologischer Verfahren.
DREI ZELLBIOLOGISCHE REPRODUKTIONS VERSUCHE : KLON VON ANDY WARHOL, 90 x 70 cm, 2007
Detail ZELLBIOLOGISCHE REPRODUKTIONS VERSUCHE : Leihmutter
Die Dioramen „Versteck“ (1990, 77 × 40 cm, Edition von 9 Exemplaren, mit 3 Buchkassetten) verbinden in ihrer Materialität Polyurethan, Glas, je ein ausgestopftes Eichhörnchen und aus Blei gegossene Walnüsse zu einem vielschichtigen Bild des Sammelns und Archivierens. Hinter den gläsernen Fenstern der Kästen sitzt ein Eichhörnchen als Wächter seines Schatzes, umgeben von bleiernen Früchten, die das Motiv des Hortens und Bewahrens zugleich poetisch und ironisch zuspitzen.
Das „Versteck“ ist nicht nur ein Behältnis, sondern auch ein Sinnbild: Das Tier, Sinnbild der Natur und Instinkte, trifft auf künstlich geschaffene Materialien, auf Bücher und Archivelemente. Das Bleigewicht der Walnüsse verwandelt den leichten, spielerischen Charakter des Eichhörnchens ins Metaphorische – Erinnerung wird schwer, Sammlungen werden Last, und das Verbergen gewinnt eine doppelte Bedeutung: Schutz und Verschluss.
So entfaltet sich das Diorama als Allegorie auf kulturelles Gedächtnis, auf das Verhältnis von Natur und Künstlichkeit, von Spiel und Ernst. Es ist Wunderkammer, Archiv und poetische Erzählung zugleich.
Versteck, 1990, 77 x 40, Inhalt 3 Buchkassetten
Die „Sammlung Kammerjäger „inszeniert sich wie eine naturkundliche Tafel, in der Insekten nach Form und Größe systematisch geordnet präsentiert werden. Doch statt echter Präparate treten hybride Wesen auf: Flügel von Libellen, Käfern oder Schmetterlingen verbinden sich mit Bauteilen aus Spielzeugautos und mechanischen Objekten.
So entsteht eine Sammlung, die zugleich wissenschaftliches Schaudepot und künstlerische Fiktion ist. Der nüchterne Gestus der taxonomischen Ordnung wird ironisch gebrochen: Hier sind keine „natürlichen“ Exemplare ausgestellt, sondern Mischwesen, die das Verhältnis von Natur und Technik, von organischer Evolution und industrieller Fertigung kommentieren.
Die Arbeit stellt damit Fragen nach dem Blick des Menschen auf die Natur: Ist das, was wir betrachten, tatsächlich „rein“ Natur – oder immer schon kulturell durchdrungen, montiert, überformt? In der künstlich geordneten Vielfalt dieser Kästen wird der Sammler selbst zum Kammerjäger – einer, der nicht vertreibt, sondern aufbewahrt, klassifiziert und damit eine neue, poetisch-ironische Ordnung der Dinge entwirft.
Sammlung Kammerjäger, 1986, 80 x 120 cm
Life line 1–3, 2019
Reliefs mit Zweigen und Radierungen, je 170 cm
Die Serie Life line 1–3 verbindet organisches Material mit kulturellen Bildfragmenten. In die Bildfläche eingelassene Zweige bilden mäandernde Bahnen, die an Flussläufe, Gefäßsysteme oder Stammbäume erinnern. Entlang dieser Linien sind Radierungen eingefügt – Portraits, Tiere, mythische Figuren und Symbole aus Wissenschaft und Popkultur –, die wie Markierungen am Lebensweg wirken und biografische Spur mit kollektivem Gedächtnis verschränken.
Die drei Tafeln variieren diese Konstellation in unterschiedlicher Akzentuierung: anthropologisch, archaisch-symbolisch und popkulturell erweitert. In der Tradition von Collage und Assemblage stehend, zugleich an Warburgs Mnemosyne-Atlas erinnernd, entsteht eine poetische Topografie des Daseins: kein linearer Verlauf, sondern ein Geflecht verschlungener Wege, in die sich Natur und Kultur gleichermaßen einschreiben.
LIFE LINE 1, 2019, 170 x 71 cm, Diorama-Relief, Radierungen
LIFE LINE 2, 2019, 170 x 71 cm, Diorama-Relief, Radierungen
LIFE LINE 3, 2019, 170 x 71 cm, Diorama-Relief, Radierungen
LIFE LINE 1, 2019, 170 x 71 cm, Diorama-Relief, Radierungen